Als Kleinkind hatte ich Pech: ich war mit der Familie im Bayern-Urlaub und wir besuchten auch das Stadion, das damals noch Olympiastadion hieß. Bald hatte ich ein Handtuch von dem Verein und drückte ihm die Daumen. Erst später las ich jenseits der Nachberichte über die unzähligen Siege auch andere Artikel über den Verein, wurde älter – und hatte bald keinen Verein mehr. Oder besser: Kein Verein konnte mich mehr Fan nennen.

Freud und Leid des Vereinslosen

Es hilft ja nichts, um die Brei herum zu reden und nicht Ross und Reiter zu nennen: Ich habe viel in Dortmund gearbeitet, komme aber eher aus dem Schalker Einzugsgebiet. Und wohne meistens dazwischen. Als was gelte ich also? Als Schalker. Dabei kann ich von denen ohne arge Schmerzen im internen Ästhetikzentrum wirklich nicht mehr als fünfzehn Spiele pro Saison anschauen. Aber eben erst recht auch nicht, wie ein Brandt oder Reus mehr mit Tanzen und Frisurlage beschäftigt zu sein scheint als mit Mannschaftssport. Oder damit, auf den richtigen Moment zu warten, um vielleicht besonders gut aussehen zu können. Mit Entsetzen sehe ich die Gelegenheitsfans der Borussen immer viel zu spät zu Kneipen-Übertragungen auflaufen. Mit einem Gesicht, als wollten sie sagen: „Skandal, da sagen die mir extrem beschäftigtem Menschen doch erst vor zehn Minuten, dass sie nicht reservieren!“ Schlimmer natürlich: Rot-Weiß Essen. Nett, aber uninteressant: VfL Bochum.

Internationale Härte

Eine gewisse Grundsympathie zu den Borussen aus D. lässt mir auch noch Platz für dieselbe zu denen aus Gladbach und selbst für Leverkusen. Das hat mit der Spielanlage zu tun, nie mit den Vereinen. Klar sind die aus NRW, aber aufgrund meiner Zeit in Berlin freue ich mich auch für die Union, mehr als jemals für die Hertha. Düsseldorf ist mir näher als Köln, Chelsea aber nicht gegenüber ManU. Ich als Vereinsloser darf mal zu St. Petersburg oder PSG halten, zu Bergamo und Schachtar. Internationale Härte ist nämlich, wenn man mit dem eigenen Provinzverein nicht mehr durchkommt. Richtig so!